Schweizer Kunstszene

Nicht nur Berge und Schoggi

Von Wiebke Toebelmann · 2017

Der Fasnachts-Brunnen, auch Tinguely-Brunnen, auf dem Theaterplatz in Basel (Foto: Flickr, Rosmarie Voegtli)

Sage und schreibe 1’100 Museen gibt es in der kleinen Alpenrepublik, davon viele Kunstgalerien. Kunst spielt in der Schweiz eine besondere Rolle – und nicht erst seit der Mega-Kunstmesse Art Basel.

Das muss uns mal einer nachmachen: Die Schweiz zählt gerade mal 8,2 Millionen Menschen, aber sie ist eines der bedeutendsten Kunstländer der Erde. Kulturliebhaber wissen schon lange, dass die Alpenrepublik sehr viel mehr zu bieten hat als saftige Bergwiesen und Uhren. Tatsächlich lohnt sich die Schweiz als Reiseland nicht nur, weil sie landschaftlich so schön ist. Ein reiner Kulturtrip durch die Galerien und Museen bietet sich geradezu an, liegen sie in dem kleinen Land doch so dicht beieinander. Und die zeitgenössischen Künstler schaffen es regelmässig in den jährlich veröffentlichten «Kunstkompass», der die wichtigsten Namen aus der Szene listet.

Berühmte Namen aus der Schweiz

Internationales Renommee, das haben Schweizer Künstler schon seit Jahrhunderten. Sei es im 18. Jahrhundert, als Johann Heinrich Füssli in London mit seinen grotesken Bildern von sich reden machte. Oder die Meister des Konstruktivismus Paul Klee, Johannes Itten, Max Bill oder auch Richard Paul Lohse, die mit ihren Flächenkompositionen noch heute Einfluss auf Design- und Grafiktechniken haben. Nicht zu vergessen Jean Tinguely, einem Mitbegründer der typischen helvetischen Eisenplastik-Kunst in den 1950er-Jahren. Sein berühmter Tinguely-Brunnen ziert seit 1977 in Basel die Stelle, wo einst das Stadttheater stand.

Private Förderung hat Tradition

Der hervorragende Ruf der Schweizer Kunst liegt vielleicht daran, dass sie in einem Land entsteht, das schon immer als Schmelztiegel der Kulturen galt. Die verschiedenen Einflüsse inspirieren und lassen Spannendes entstehen. Aber wo Kunst leben soll, muss sie auch gefördert werden. Dies geschieht häufig durch den privaten Sektor. Für die Eidgenossen ist es selbstverständlich, dass sich Unternehmen – allen voran die Grossbanken – für Kunst und Kultur engagieren. Diese gehen Partnerschaften mit Galerien ein, unterstützen und organisieren Kunstmessen und verfügen sogar teilweise über eigene beachtliche Sammlungen. Dabei geht es nicht nur um gutes Image und Marketing: Private Kulturförderung hat über Jahrhunderte die Kunstszene vorangebracht. Ein Beispiel ist etwa das Kunstmuseum Basel, das durch finanzielle Unterstützung der ansässigen Universität überhaupt erst entstehen konnte – und das bereits im Jahr 1661 mit dem Erwerb der Privatkollektion des Amerbach-Kabinetts. 1936 eröffnete dann das eigentliche Kunstmuseum, dessen Bau wiederum von wohlhabenden Baslern mitgetragen wurde.

Art Basel – Kunstmesse mit Weltruf

Und nicht zuletzt bietet die Schweiz nichts Geringeres als den wichtigsten Event der internationalen Kunstszene: die Art Basel. Diese bedeutende Weltmesse des internationalen Kunstmarktes bietet 300 Aussteller der weltweit renommiertesten Galerien und macht Basel – und die Ableger der Veranstaltung in Miami Beach und Hongkong – zum absoluten Hotspot. Nicht nur ist Art Basel das wohl interessanteste Museum auf Zeit, es dient auch als indirektes Aushängeschild dafür, was Kunst für die Schweiz bedeutet. Anlässlich der Art Basel gibt es sogar jedes Jahr ein von einer Fachjury gekürtes Ranking der besten und einflussreichsten Schweizer Künstler. Auf dem ersten Platz landete in diesem Jahr Aktions- und Konzeptkünstler Roman Signer aus St. Gallen, gefolgt von der Zürcher Videoartistin Pipilotti Rist und dem Genfer John Armleder, der sich unter anderem mit Pop und Trash, Design und Geometrie beschäftigt. Was auffällt ist, dass sieben von den Plätzen zehn bis 20 von Frauen belegt sind – die Emanzipation ist in der Kunstwelt längst angekommen.

Kunstsommer in der Schweiz

Art Basel
Die Kunstmesse der Superlative mit Werken
von über 4'000 Künstlern aus dem 20. und 21. Jahrhundert (15. ± 18.6.2017)
www.artbasel.com

Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich
"Power, Governance, Labor" der französisch-bosnischen Künstlerin Maja Bajevic.
Ihre Themen: Globalisierung, Neo-Liberalismus, Ausbeutung und Heimat
(bis 13.8.2017)
www.migrosmuseum.ch

Stadtgalerie Bern
"Zukunftswucher" über Utopie, Apokalypse und Schlaraffenland der Künstler Nino Baumgartner, Maya Hottarek, Adriane Morard, Jared Muralt, Lorenzo Salafia und Liem Tong (bis 01.7.2017)
www.bern.ch

Kunstmuseum Thun
"Aller-Retour", Werke Schweizer Fotografen zum Thema Weggehen und Heimkehren, Ferne und Heimat (bis 13.8.2017)
www.kunstmuseumthun.ch